Kickstarter Vorstellung: Roll Inclusive: Diversity und Repräsentation im Rollenspiel & Betrachtung des Themas in Bezug auf das Hobby

Veröffentlicht: 26/02/2019 in Crowdfunding, Deutsch, Kickstarter, RPG
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Aşkın-Hayat Doğan, Frank Reiss  und Judith Vogt haben sich mit Feder & Schwert zusammen getan und am 24.01 ein Rollenspiel-Crowdfunding gestartet:

Roll Inclusive: Diversity und Repräsentation im Rollenspiel

In diesem Beitrag möchte ich es vorstellen und anschließend meine ausführlichen Gedanken dazu äußern, weshalb ich es im Rahmen des Hobbies für relevant halte.

Inhalt
  • Die Vorstellung des Projekts
    • Wieviel kostet das Buch?
    • Wie kann man es bezahlen? (Wenn man keine Kreditkarte hat)
  • Inklusivität und das Hobby
    • Überlegungen zur Zugänglichkeit von Runden
    • Überlegungen zur Inklusivität im Spiel
    • Überlegungen zu den Gegenpositionen…
      • … Es ist ein Spiel und Politik soll draußen bleiben!
      • … Es nimmt (jeglichen) Konflikt aus dem Spiel!
      • … Es ist doch total spannend als Konflikt!
      • … Es ist doch gar kein Thema oder Problem!
      • … Es zu thematisieren belastet das Hobby!
      • … Es zersetzt das Hobby (absichtlich)!
      • … Es zwingt mich!
      • … Ich brauche das nicht!
  • Fazit

Die Vorstellung des Projekts

Bei dem zu finanzierenden Buch handelt es sich um einen Essayband, welcher sich mit Vielfalt, Repräsentation und Inklusivität in Bezug auf Rollenspiel auseinander setzt. Hierzu tragen mehr als 16 Autor*innen Essays und auch Nano-Rollenspiele  bei.

Auf der Projektseite bietet das Team eine Übersicht der 17 Essays und gewähren so einen Einblick was einen erwartet. Hierbei geht man sowohl auf den Umgang miteinander als Spieler*innen ein, als das man auch das Spiel als solches betrachtet. In Bezug auf die Themen werden neben Feminismus, Intersektionalität, Geschlechtsidentität , Sexualität auch eine Zugängliche Gestaltung, der Umgang mit Behinderungen, Marginalisierte Personen Gruppen angesprochen und weitere Inhalte geboten.

Das Projekt wurde aufgrund der Erreichung verschiedener, erweiterter Ziele, um weitere Essays sowie Nano-Games bereichert.
Bei Nano-Games handelt es sich um kleine Rollenspiel-Szenarien, in der Regel sehr regelleicht, die ein bestimmtes Thema in den Fokus nehmen und im Rahmen eines One-Shot ergründen.

Ich persönlich bin sehr begeistert von den Projekt.
Ich verspreche mir dahingehend, ganz praktisch, Runden bei Conventions besser vorbereiten und zu gestalten, sowie darüberhinaus interessante Einsichten zu gewinnen und hoffe darauf meinen Wortschatz zu erweitern.
Der Feder & Schwert Verlag hat in Bezug auf seine Kickstarter eine tadellose Bilanz und ich verfolge die Aktivitäten der Kreativen bereits eine Weile.
Dementsprechend habe ich es umgehend nach dem das Projekt Live ging unterstützt.

Wieviel kostet das Buch?

Für die digitale Fassung und das Hörbuch zahlt man 15€.

Für das Buch aus Papier und das Hörbuch zahlt man 20€.
Für einen Aufpreis von 5€ erhält man die digitale Fassung zum Druckwerk.

Für das Buch aus Papier und digital, ein Goodie Paket (mit Regenbogen-Würfeln!) und das Hörbuch zahlt man 40€.

Das Buch wird als Hörbuch eingesprochen, womit man die Zugänglichkeit erhöhen möchte. Das Hörbuch wird im MP3 Format vorliegen.

Das digitale Buch wird als EPUB geliefert. Dies sollte sich ohne großen Aufwand in eine MOBI oder eine PDF Datein umwandeln lassen, sollte man dies bevorzugen.

Das Goodie Paket umfasst ein siebenteiliges Regenbogen-Würfelset, ein Poster des Covers, Postkarten und einen Button.

Wie kann man es bezahlen? (Wenn man keine Kreditkarte hat)

Bei einem deutschen Kickstarterprojekt wie diesem, kann man mit Lastschrifteinzug zahlen. Hierfür benötigt man ein Kickstarter Konto, welches einen Sitz in Deutschland angegeben hat.

Inklusivität und das Hobby

Das Hobby Rollenspiel ist an und für sich genommen prädestiniert dafür über aus Inklusiv zu sein, eine Diversität Gemeinschaft von Hobbyist*innen zu schaffen und durch die geringen Voraussetzungen eine überaus hohe Zugänglichkeit zu bieten.

Für das Spielen eines Rollenspiels braucht man wenig mehr als einen oder mehrere Mitspieler, etwas um seine Spielfigur in nachzuhalten, ein Mittel Notizen anzufertigen und ein Satz Würfel.
Je nach Spielart braucht man hierbei nicht einmal Würfel oder andere Zufallssysteme und unter Umständen kann man auch auf Niederschriften verzichten.

Die Welten und die Settings welche man in Rollenspielen bespielt sind an keine übergeordneten Vorgaben gebunden, welche man nicht beeinflussen kann. Es besteht die Möglichkeit mit der Gruppe eine Welt dergestalt zu erfinden oder eine Welt so anzupassen, das die Mitspieler*innen Spaß, Freude und Unterhaltung im Spiel finden.
Es besteht natürlich auch die Möglichkeit Genre Vorgaben oder Mittel entsprechend anzupassen.

Rollenspiel kann auch als Mittel genutzt werden mit dem Spiel als Medium Ziele zu erreichen die ernster sind als das Wort „Spaß“ nahelegt jedoch in der Form interessant und ansprechend genug sich mit dem Ziel zu befassen.
Das Ziel kann hierbei im erlernen neuer Sprachen liegen (Magicians: Language Learning RPG), dem erfassen von Wissen (Schule in Dänemark: Lernen mit Rollenspielen – SZ Magazin), der Auseinandersetzung mit historischen Aspekten (Night Witches), dem erfahren von sozial-kulturellen Elementen (Dialect: A Game About Language and How It Dies) und vieles mehr.

Daneben besteht leider auch die Option bewusst oder unbewusst mit dem Hobby Rollenspiel in Bezug auf  Inklusivität und Repräsentation daneben zu greifen.
Beispielsweise in dem verschiedene Stilmittel aus Genre ohne größere Überlegung oder Beschäftigung hinsichtlich problematischer Aspekte übernommen werden, in dem man die These aufstellt und vertritt das Rollenspiel als Hobby nur etwas für Personen mit mindestens Hochschulreife ist, in dem Figuren aufgrund ihres Geschlecht, Herkunft, Herkunft und dergleichen mehr allgemein negative (oder über die Maßen positive) Zuschreibungen gemacht werden, … et-cetera, et-cetera, pp.

Damit gesagt sei gesagt das ich Rollenspiel als Hobby für etwas halte, was aus sich heraus Inklusivität, Diversität und Repräsentation fördert respektive tragen kann. Das es jedoch durchaus lohnenswert ist sich damit zu befassen.

In diesem Sinn möchte ich auf Aspekte eingehen, bei welchen ich davon aus gehe, das dieses mit dem Kickstarter finanzierte Buch dabei helfen kann, das Hobby weiterhin offen zu gestalten und es vielleicht sogar mehr Personen einzuladen, ihnen den Zugang zu ermöglichen. Konkreter…

Überlegungen zur Zugänglichkeit von Runden

Diesen Punkt beziehe sich vor allem auf das Spiel mit neuen Personen, von denen man mitunter nur wenig mehr weiß, als das sie ein Interesse am Spiel haben. Beispielsweise im Rahmen einer Convention oder Messe einmal in das Hobby hinein schnuppern mögen.

Hierbei gibt es auf der einen Seite, was ich als „physikalische Komponente“ beschreibe.
Man kann berücksichtigen, das etwaige neue Spieler*innen andere körperliche Bedürfnisse oder auch Herausforderungen haben als man selbst.

So kann man darauf achten, dass der Spielort hinreichend hell ist, zugänglich und etwaige allergene Produkte von Mitspieler*innen die es nicht vertragen fern halten.
Neben derlei, meiner persönlichen Meinung nach, offensichtlichen Punkten gibt es auch Aspekte an die man mitunter weniger denkt.

Aspekte denen ich begegnet bin, sind:
Die Schriftgröße auf dem ausgegebenen Materiel so groß gestaltet, dass auch Personen mit schlechteren Sehvermögen sie lesen können. Sie muss nicht riesig sein, aber 10pt ist vielleicht ein bisschen klein.
Das Würfel-Angebot so zu gestalten, dass auch Rot/Grün-Blinde Personen die Würfel ablesen können, klassische Vampire Würfel sind Grün mit roter Schrift und damit ebenso wenig eine gute Idee wie ein Würfel-Pool aus grünen und roten Würfeln.

Auf der anderen Seite gibt es, was ich als „Spiel Komponente“ beschreibe.
Man kann versuchen das Spiel so zu gestalten, dass Spieler*innen die eine andere Geschlechtsidentität, kulturellen Hintergrund oder Ethnie haben auch Spaß haben.

So kann man darauf achten, dass die vorgefertigten Charaktere geschlechtsneutrale Namen erhalten. Damit können die die Spieler*innen selbst bestimmen können, ob ihr Charakter weiblich oder männlich oder eine andere Geschlechtsidentität hat.

Alternativ, kann man bei vorgefertigten Charakteren darauf achten, das die Auswahl der Figuren sowohl männliche als auch weibliche Figuren bietet und diese nicht nur in den Professionen zu finden sind welche dem Geschlechtsklischee entsprechen.
Das heißt, man kann ggf. sowohl einen männlichen Heiler als auch eine weibliche Kriegerin anbieten. Idealerweise ohne das beide die Ausnahme sind. Man kann auch intersexuelle Charaktere anbieten.
Es ist etwas, worüber ich persönlich mich freue, wenn es gegeben ist.

Von Roll Inclusive erhoffe ich mir Ideen, Sichtweisen sowie Anregungen um meine Runden zugänglicher zu gestalten. Auf das ich nicht bezüglich Würfel überrascht werde und darauf hoffen muss mit Glück eine Lösung improvisieren zu können.
Ebenso das es Anregung gibt, wie man die Aspekte gut oder besser kommunizieren kann. Gerade, da ich weitere Situation auf Conventions hatte, wo ich einfach so improvisierte.
Es könnten sich darüber hinaus vielleicht auch Anregungen finden, wie man (vorgefertigte) Charaktere mit einem anderen kulturellen Hintergrund spielt.
Vergleichbar mit den Hinweisen in Harlem Unbound bezüglich dem Spiel von afro-amerikanische Charaktere durch Spieler*innen die keine Afro-Amerikaner*innen sind.

Es heißt auch nicht, dass man in den privaten Runde nur mehr an Orten spielen darf die hell erleuchtet und über eine Rampe erreichbar sind, man bestimmte Würfel nicht einsetzen darf oder dergleichen mehr. Es heißt auch nicht, dass man in privaten Runden die Charaktere auf die ein oder andere Art gestalten muss. Es sind nur Überlegungen, zur Rücksichtnahme.

Crowdfunding - Roll Inclusive - Cover MockUp

Überlegungen zur Inklusivität im Spiel

Die Herausforderung der Inklusivität im Spiel besteht meines Erachtens sowohl bei Fantasy Settings wie dem Herr der Ringe, welcher eine Welt voller Elben, Zwerge und Magie bietet, als auch bei Settings welche in der Realität verankert sind, wie es beispielsweise bei der Welt der Dunkelheit der Fall ist.
Es kann in Fantasy-Welten unangenehm bis negativ auffallen wenn alle Nicht-Weißen Personen zu den „Bösen“ zählen oder anderweitig kodiert erscheinen oder Frauen als Akteure entweder nicht vorgesehen sind oder die Ausnahme. Es fällt in Settings die in der Gegenwart oder einem historischen Szenarien mitunter um so direkter und negativer auf wenn etwaige Vorurteile dargestellt wird oder eine Unkenntnis bezüglich der eigentlichen Hintergründe offenbar wird. Ebenso wie die allzu unbedachte Verwendung verschiedener Genre-Tropen mitunter negativ auffallen kann.

Für das zuletzt genannte Szenario möchte ich den Pre-Alpha Spieltest der V5 „The Last Night“ als plastisches, exemplarisches Beispiel heranziehen, mit dem ich selbst Erfahrung gemacht habe.
Der Spieltest wurde von Personen außerhalb Deutschlands geschrieben, und beschrieb Berlin in einer Art und Weise, welche meinen deutschen Mitspielern sehr fremd war. Von der Handlungsweise eines SWAT-Kommando der Zweiten Inquisition sowie die Reaktion der Masse, der politischen Gestaltung des Ostteils der Stadt bis hin zu der Idee die Stadt abzuriegeln passte sehr wenig bis fast nichts. Ein Spieler der einst in Berlin wohnte, war kurz davor den One-Shot abzubrechen.
Als ich den Spieltest auf der FeenCon leitete, viel mir erst in der Szene auf, das die Konfrontation des Charakter eines Spieler mit Migrationshintergrund mit einem NSC welcher für Pegida wirbt, gerade in der dargebrachten Form, ebenso unnötig wie dem Spielerlebnis abträglich ist.
Bereits vor dem ersten Spieltest, hatte ich zum Glück nachgefragt in wie weit es von den Spielern problematisch empfunden wird, wenn Kinder als Opfer thematisiert werden, und diesen Aspekt herausgenommen.

Für das erst genannte Szenario fällt mir am ehesten mein Versuch eine Runde Hollow Earth Expedition mit dem Schnellstarter zu leiten – ich leite und spiele vergleichsweise selten Fantasy.
Hierbei stellte ich das ableben der NSC durch Dinosaurier unabsichtlich eine ganze Spur zu drastisch dar, und nahm auf Bitte der Spieler den Detailgrad zurück. Nachdem die Dinos überlebt war, trafen die Spieler auf ein Camp von Hohlwelt-Nazis. Der Hinweis, dass diese im Grunde im Rahmen des Pulp-Genre eine Art von Monster sind, war von Nöten und den Spielern der Umgang damit nicht super angenehm.

Das Thema ist natürlich unglaublich Facettenreich und greift weit über diese beiden Beispiele hinaus.
Es stellen sich Fragen wie, wie man vernünftig verschiedene Sexualitäten, andere Ethnien, andere Kulturen einbringt. In einer Form die das Spiel bereichert, zu der Spielerfahrung der Spieler zuträgt.
Dies kann auch Aspekte beinhalten, wie der Wunsch eines Spieler einen Charakter mit anderer Hautfarbe zu spielen, dies aber so zu gestalten das es keine Parodie wird oder gar ein Ausdruck bestehender Klischees oder Vorurteile ist.
Es stellen sich Fragen wie, man etwaige Genre-Tropes – wenn man beispielsweise unbedingt „Nazi-Monster-Menschen“ haben möchte oder auf das böse, dunkelhäutige Dunkelelfen Matriachat nicht verzichten kann – vernünftig kommuniziert.

Hierbei erhoffe ich mir von der Essay Sammlung interessante Einblicke, Anregungen und Sichtweisen, welche dann mein Spiel und das meiner Mitspieler bereichern.

Dies bedeutet natürlich nicht, dass man seine NSC mit einem Quoten-Schnitt verteilt, unbedingt die private Runde ändern muss oder in Bezug auf die Vampire: Die Maskerade bspw, keine Malkavianer in Bezug auf D&D keine Kender oder Drow spielen kann.
Man kann es jedoch betrachten, wenn man möchte, was es da für weitere Sichtweisen, Handlungsanregungen und dergleichen gibt.

Überlegungen zu den Gegenpositionen…

Das Buch hat auf Facebook durchaus zu Diskussionen geführt die mitunter ebenso lebhaft wie emotional waren und sind. Daneben erwarte ich den ein oder anderen Einwurf, den ich quasi beim schreiben des Artikels schon kommen sehe.

Weshalb ich auf die verschiedenen Aspekte eingehen möchte.
Der Betrachtung möchte ich ein Zitat von der zweiten Seite der 5. Edition von Vampire: Die Maskerade, voranstellen:

[Mehr Überlegung, zu Vampire und der WoD, findet ihr auf WODnews]

… Es ist ein Spiel und Politik soll draußen bleiben!

Häufig wird der Wunsch postuliert „Politik“ aus dem Spiel zu lassen, schließlich sei dies Eskapismus. Ein Weg dem Alltag und all den normalen Problemen der Welt, wozu auch Politik zählt, zu entkommen. Sich um den ganzen Kladderadatsch keine Gedanken machen zu müssen.

Demgegenüber würde ich feststellen:
Jedes Handeln ist politisch.

Das heißt, unsere Sichtweisen zu Themen wie Geschlechtern, Geschlechteridentitäten, Kulturen, Ethnien, Sexualität äußert sich in unserer Interaktion, unseren Taten, der Art und Weise welche Geschichten wie wir erzählen und gestalten und welche Spiele wir wie spielen.

Damit funktioniert das Spielen „ohne Politik“ nur wenn man mit der Darstellung von Aspekten wie Geschlechtern, Geschlechteridentitäten, Kulturen, Ethnien, Sexualität und dergleichen Themen mehr im Allgemeinen Kontext kein Problem hat.
Hat man ein Problem damit, wird das vermeintlich „unpolitische“ und eskapistische Spiel zu einem weiteren durch-exerzieren von politischen Aspekte die einem in der normalen Welt schon hinreichend stören.

Das heißt, ich als weibliche Spielerin, kann ein Spiel nicht als unpolitischen Eskapismus betrachten, wenn dort Diskriminierung und Geschlechterzuschreibungen, die mich im normalen Leben schon annerven, wiederholt werden.

Nun, oder um es anders zu formulieren:
Wenn ihr findet das die Idee zu thematisieren wie man ein Spiel Inklusiver zu gestalten kann das Spiel politisiert,… so fühlt sich das Spiel für andere Spieler*innen, die es thematisieren, dauernd an. Die wollen einfach auch mal „unpolitisch“ spielen.

… Es nimmt (jeglichen) Konflikt aus dem Spiel!

Es gibt die Befürchtung, dass die Entfernung von beispielsweise Sexismus dazu führt, dass das Rollenspiel Konflikt ärmer und gerade zu langweilig wird.

Ich würde demgegenüber halten das fast alle Rollenspiel-Settings wie Systeme nicht den Unterschied zwischen Mann und Frau als Kern der Konflikte in Bezug auf das Setting oder System darstellen.

Bei D&D hat man bspw. eher das Problem das Kultisten denken es sei eine gute Idee Tiamat aus den Niederhöllen zu holen, bei Cthulhu stellen die Großen Alten einen titanischen Konflikt dar, der Computer bei Paranoia hat mehr ein Problem mit Mutanten wie Kommunisten (oder kommunistische Mutanten) und auch bei Vampire geht es um über jahrhundertelang gesponnene Intrigen sowie den Verlust des eigenen Ich.

Das heißt, man hat ein riesiges Quell an Konflikten, ohne das man Spieler*innen erklären muss das weibliche Charaktere inkompetenter sind oder „anders kompetenter“ als männliche Charaktere oder gar noch andere Zuschreibungen im Rahmen von Geschlechtern, Ethnien etc. bringt.

… Es ist doch total spannend als Konflikt!

Hierbei sind in der Regel nicht Rollenspiele gemeint welche den entsprechenden Konflikt explizit zum Kern des Setting und System erklären. Dies wäre wiederum „zu politisch“.

Es ist mehr darauf bezogen das der Konflikt erst lapidar als immanent gegeben wird, bspw. durch den Verweis auf die Epoche oder das Genre, und dann für interessant erklärt. Häufig von Personen die vom Konflikt jenseits des Rollenspiel nicht betroffen sind. Manchmal sogar mit dem Wunsch seitens der Personen das entsprechende Klischee zu spielen – womit die Settingsetzung wiederum bestätigt wird.

Das heißt, es wird mir als Fan dessen was ich „Mafia Genre“ nenne erklärt, dass es historisch keine Frauen in der Mafia gab, das diese keine nennenswerte Rolle spielten, dass sie Rahmen des Genre keinen Platz hätten und dann eventuell noch wie erfüllend für einen männlichen Spieler es war eine Klischee-Vamp bzw. „Gun Moll“ (ohne Gun) in den einem 20er-Jahre-Setting zu spielen.
Wo ich geneigt bin zu sagen: Es gab historisch gesehen Frauen in der Mafia (und gibt sie noch). Man kann Der Pate sowie Breaking Bad als Genre-Werke auch mit weiblichen Hauptfiguren spielen ohne das etwas verloren geht. Nun und schön das es dir Spaß macht, ich finde es macht das Spiel relativ stumpf und anspruchslos.

Was dann wiederum so ein Punkt ist der mich persönlich dran stört. Die spezifische Art den Konflikt aufzugreifen ist mir schlicht zu flach. Es werden nur Stereotypen wiederholt, eine Beschäftigung findet nicht statt und es wirkt meinem Spielspaß entgegen.

Anmerkung: Das merkt auch und mitunter ganz besonders wenn man mir als Ausgleich einen Schneeflocken-Charaktere aufdrückt. So quasi „Okay, normalerweise kämpfen Frauen nicht, kriegen keine Ausbildung,… aber du darfst jetzt die einzige spielen die es dennoch macht. Wie wäre es mit Brienne als Name?“.
Allein schon, aber nicht nur, weil man es ständig ins Gesicht gerieben kriegt, eine Schneeflocke zu spielen. Wohingegen die anderen Spieler normale Charaktere kriegen.

… Es ist doch gar kein Thema oder Problem!

Häufig wird die These in den Raum gestellt, dass das Rollenspiel Hobby inhärent divers ist, jeden einschließt und man jegliche Probleme bereits überkommen hat.
Schilderungen werden im besten Fall als bedauerliche Einzelfälle behandelt und versichert das der Umstand nie selbst erlebt wurde. Wenn nicht gar das ganze aus verschiedenen Gründen gänzlich abgetan wird.

Es kann hierbei, meiner eigenen Erfahrung nach, durchaus passieren das es ein Problem gibt, mit dem man selbst jedoch nicht konfrontiert wird. Dafür gibt es im Kern zwei Gründe:

  • Es betrifft einen nicht
    Ich habe während meiner Reisen in die USA keine Erfahrung mit Rassismus gemacht und die Polizei war nett zu mir. Es gab auch, bis auf einen, keine Fälle von Rassismus denen ich gewahr wurde. Ich bin jedoch auch 1.67m groß, weiblich, blondhaarig und Weiß.
    .
    Das heißt, Personen reagieren auf mein Englisch sehr positiv und ich kassiere sehr viel Lob. Wohingegen Nicht-Weiße Person offensichtlich hinsichtlich ihrer „Englisch als Fremdsprache“ dumm angemacht werden – obwohl sie sich Mühe geben.
    Das heißt, als ich mit etwas über 90 mph auf der Interstate von einem Polizist angehalten wurde (also mehr 50 kmh zu schnell), gab es ein relativ sympathisches Gespräch mit touristischen Empfehlungen und eine vergleichsweise milde Buße. Während Nicht-Weiße Freunde die zur Veranstaltung fuhren mehrfach angehalten wurden, ohne das sie gerast sind oder irgendwas illegales machten.
    .
  • Man hat Glück, ein dickes Fell oder „ungesundes“ verinnerlicht
    Bisher wurde noch keiner in Bezug auf mich im Hobby sexuell übergriffig. Das heißt nicht, das es dies deswegen nicht gibt. Ich wurde bisher auch noch nicht überfallen, würde aber nicht behaupten das es kein Problem ist.
    Ich bin jetzt keine Person mit einem mega dicken Fell. Es gibt aber so gewisse Sprüche und so, die jetzt einfach unter dem Radar fliegen, oder wo man der Ansicht ist, das es Frauen abkönnen müssen. Ist natürlich eigentlich Stuss, der nur andere aus dem Hobby hält.
    Es gibt Sachen die ich verinnerlicht habe, die vielleicht nicht so gut sind, und sogar eine Idee weit sexistisch. Gegenüber anderen Frauen. Obwohl ich eine Frau bin. Ein recht anschauliches Beispiel hierfür bietet Lindsay Ellis mit ihrer Nachbetrachtung wie sie so einst Stephanie Meyer (Twilight) betrachtete. [Ich wählte es aus, weil ich den gleichen Fehler wie Lindsay machte]
    Manchmal dauert es, bis man es bemerkt. Wenn überhaupt.

Insofern, es gibt das Thema und es lohnt sich es zu behandeln. Damit das Hobby tatsächlich so offen wird, wie es sein sollte.

… Es zu thematisieren belastet das Hobby!

Eine häufige Reaktion auf das aufbringen des Thema, ist nach meinem Eindruck der Vorwurf des Nestbeschmutzer auf.

Es wäre ja nie jemand drauf gekommen das übermäßig sexualisierte Darstellungen von Frauen vielleicht etwas sexistisch sind, oder das es keine gute Idee ist wenn Frauen außerhalb der Ausnahme nur Heilerin, Priesterin oder Elfe mit Bogen sind.

Einerseits, die Leute kommen auch so auf entsprechende Vorbehalte. Das sieht man an Filmen wie Mazes and Monsters oder Serien wie The Big Bang Theory.
Andererseits, ich halte es für absurd das man im Grunde denen die auf ein mögliches Problem hinweisen, die Schuld dran gibt. Frei nach dem Motto „Es gab hier keinen Sexismus bis sich die doofe SJW-Tusse drüber beschwerte“ Respektive „Bis einige den Kulturkrieg aus den USA importieren!“.

… Es zersetzt das Hobby (absichtlich)!

Man kann sich mit Dingen die man mag kritisch auseinandersetzen, sich damit beschäftigen und versuchen sie eingehender zu betrachten. Frei nach dem Motto meines Lieblings-Podcast:

Be critical of the Media you love

Ich persönlich finde das Thema interessant, spannend und hoffe das man mir glaubt, das ich diese Blog und WODnews nicht aus einem perfiden Masochismus bis Sadismus oder Selbsthass heraus betreibe.

Wenn man glaubt das feministische Spielverderber so aus Selbstzweck hinter dem eigenen Hobby her sind,… ist man meiner Meinung nach nicht weit vom Glauben an Echsenmenschen entfernt.

… Es zwingt mich!

Nein.

Es wird keiner zu etwas gezwungen.

Man kann seine Spielrunden leiten wie auch immer man möchte. Man kann darüber nachdenken, man muss es aber nicht. Es wird keine Rollenspiel-Polizei ausgerufen, welche die Richtlinien zur Political Correctness messen kommt.

Man könnte jetzt Angst haben, dass wenn man sich bewusst dafür entscheidet -ismen drin zu lassen, die Mitspieler*innen einen für ’n Arsch halten.
Aber mal so direkt gesagt, das passiert auch ohne dieses Buch.

… Ich brauche das nicht!

Das kann sein. Einerseits weil „brauchen“ furchtbar relativ ist. Man braucht nur Essen, Trinken und Schlaf. Selbst das brauchen verschiedene Menschen in unterschiedlichen Dosen. Andererseits weil verschiedene Leute verschiedene Dinge brauchen oder nicht.

Ich persönlich finde schon das ich es brauche. Allgemein halte ich mich in Bezug auf den Themenkreis für gut informiert. Ich verfolge mit Interesse die Podcasts und Videos von ContraPoints, Feminist Frequency, hbomberguy, Philosophy Tube und anderen.

Das heißt, ich Maße mir einigermaßen gut informiert zu sein was Diversität, Inklusion, Repräsentation, Feminismus und dergleichen Themen betrifft.  Dennoch lerne ich noch ab und zu, und stelle manchmal fest das ich mental eher „yer dad“ anstelle von gut informiert und aufgeklärt. Ich nehme daher an, das es auch auf andere zutrifft, dass man immer noch dazu lernen kann.

Daneben denke ich mir, wenn man es nicht braucht, muss man sich auch nicht darüber aufregen.

Fazit

Schaut euch das Projekt an, und unterstützt es auch gerne.
Lasst auch gerne Kommentare und Anmerkungen da, ich bin durchaus an Diskussionen und einem respektvollen Austausch interessiert.

 

Kommentare
  1. Marcus Juergens sagt:

    Ein schöner Artikel, dank! Es wird Dich vielleicht freuen zu hören, dass ich in meinem Stretchgoal-Artikel zu weiblichen Charakteren in historischen Settings auch auf Gangsterinnen eingehe. Wenn Du noch für die Mafia einen speziellen Hinweis zu einer interessanten Biographie hast, würde ich mich über einen Hinweis freuen.

    • Teylen sagt:

      Das Stretch Goal habe ich bereits gesehen, und freue mich schon auf den Artikel :)
      So spontan fallen mir da Stephanie St. Clair, Alice Diamond, Fredericka Mandelbaum und Zheng Yi Sao. Wobei letztere beiden wohl etwas aus dem Rahmen der 20er herausfällt.

  2. Seanchui sagt:

    Hm. Ich finde die Liste mit Gegenpositionen sehr interessant. Insbesondere der Punkt „…Es zwingt mich“. Denn der ist nicht so ohne weiteres wegzubügeln.

    Die Befürworter dieses Buches haben ein explizites Ausdrucksbedürfnis, sich und das Buch zu erklären. Die Vorzüge hervorzuheben. Für „ihre Sache“ einzustehen. Ein einfacher Blick auf die rsp-blogs-Blogroll zeigt das. Insofern drängt sich mir dieses Thema immer wieder auf, womit ich tatsächlich mehr als ich möchte gezwungen werde, mich damit zu beschäftigen.

    Ich hoffe einfach auf einen „Sturm im Wasserglas“.

    • Teylen sagt:

      Die Liste aus Gegenpositionen, ist was mir aus Diskussionen im Gedächtnis geblieben ist. Auf das, was ich für den jeweiligen Kern halte konzentriert und entsprechend formuliert.

      Der Zwang wird hierbei selten explizit erwähnt, und ich verstand es hauptsächlich dahingehend, dass befürchtet wird das eigene Spiel nicht so weiter zu führen, wie man es gewohnt war und mag. Wo ich durchaus argumentieren, dass einen niemand dazu zwingt sein Spiel zu ändern.
      Es dient sich vielleicht an, wenn man neue Spieler haben möchte, für welche die Betrachtung der Aspekte wichtig für ihren Spielspaß ist. Allerdings kann es selbst da sein, dass es keine Reibung gibt.

      Daneben steht die Beschäftigung mit dem Themenbereich als solchen, welche ich erstmal außen vor ließ. Ich persönlich sehe es dabei so, dass es derzeit in Deutschland kaum ein Thema ist. Was einer der Gründe ist, weshalb das Buch geschrieben wird.
      Das heißt, man hat kaum Diskussionen diesbezüglich, Spieler am Tisch sind ernsthaft überrascht und irritiert zu hören das es mehr als zwei Geschlechtsidentitäten gibt und Genre-Aspekte werden einfach so eingebracht. Spricht man es an, gibt es mitunter riesige Streitgespräche oder Sprüche der unteren Schublade.

      Das es den RSP-Blogs-Blogroll dominiert, sehe ich nicht. Wenn ich in der Woche einen Artikel zu dem Thema finde, ist es durchaus schon „viel“. Obwohl ich argumentieren würde, das es eher „wenig“ ist. Daneben besteht die Option, entsprechende Artikel zu ignorieren.
      Das heißt, ich ignoriere bspw. zu großen Teilen was über DSA, Cthulhu, Fate oder andere Systeme, welche mich nicht reizen, geschrieben wird. Ebenso wie ich vermute das manche meine 1 bis 5 WoD Artikel täglich ignorieren. Ähnlich verfahre ich mit den RPGBlog-Karnevalsthemen die mir nicht gefallen.
      Insofern denke ich, das Thema ist da um zu bleiben, es zwingt einen dennoch keiner dazu.

      • Seanchui sagt:

        Du hast ja recht. Natürlich kann ich die Artikel einfach ignorieren und nicht lesen…ich stehe halt auf dem Standpunkt, dass es mein Spiel deutlich weiter voranbringen würde, wenn die Energie, die Leute darauf verwenden, diese Diskussion am Leben zu halten, in Spielelemente investiert werden würde.

        • Teylen sagt:

          Ich denke nicht, dass Personen ihre Energie dergestalt aufteilen.
          Das heißt, hätte ich den Artikel nicht geschrieben, hätte ich entweder ein paar YouTube Videos geschaut, oder eine Serie. Es wäre dort kein Spielelement als alternatives Produkt abgefallen.

          Daneben gibt die Beschäftigung, den Personen die sich gerne und freiwillig damit befassen, durchaus auch Energie. Das heißt, man erfreut sich an der Auseinandersetzung, denkt ggf. die Welt ein bisschen besser gemacht zu haben, und versucht dann die Leute auch mit konkreten Spielelementen zu begeistern.
          Der Umstand, dass mir für meine V5-„Demo Runden“ auf der Spiel sieben verschiedene geschlechtsneutrale Namen eingefallen sind, welche so pimaldaumen sogar zu den VtM Clans passten, hat mir eher mehr Freude und damit Energie bereitet, als weniger.

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